SPD-Parteichef Gabriel in Nordhausen

Veröffentlicht am 29.08.2013 in Parteileben

Die purpurne Stellwand aus dem Willy-Brandt-Haus steht abseits, die beiden Stühle davor bleiben verwaist. Das Brimborium aus der SPD-Parteizentrale braucht der Chef jetzt auf dem Nordhäuser Markt nicht. Sigmar Gabriel sucht die Nähe zum Volk - und findet sie.
Er setzt sich auf die vorderste Bierbank neben Sigrid Weller, lobt, wie "toll" Nordhausen geworden sei. Er dankt für den Kaffee und lehnt das Fettbrot von Helga Uhl lachend ab: "Hab ich es nötig?".

"Lieber Sigmar, Dich kennen alle, mich kennen leider noch nicht so viele", sagt Carmen Listemann , die Wahlkreiskandidatin für den Bundestag, ins Mikrofon. Zwei, drei Minuten wirbt sie in eigener Sache, dann hat Gabriel seinen Auftritt.

Etwa 100 Leute sind gekommen, weil sich Prominenz angekündigt hat. So unnahbar Gabriel bei Statements vor der purpurnen Stellwand im Fernsehen wirken mag, hier ist er der nette Sigmar. Der erzählt, wie er am Morgen mit den Kindern frühstückte, bevor es von Goslar über den Harz nach Nordhausen ging. Als Gatte einer Frau aus dem Mansfelder Land nennt er sich schmunzelnd einen "Beute-Ossi". Als es ums Gesundheitswesen geht, vergisst er nicht seine Mutter zu erwähnen, eine Stationsschwester auf einer Intensivpflegestation.

Auch Gabriel hat verinnerlicht, dass Sympathie mindestens so entscheidend ist wie Sachargumente: Entsprechend volksnah gibt er sich. Wie Franz Müntefering vor drei Tagen in Bleicherode redet also auch er leidenschaftlich vom gesetzlichen Mindestlohn, fordert die Bürgerversicherung, einen Haftungsfonds der europäischen Banken untereinander. Das kommt beim "kleinen Steuerzahler" an, im Ostdeutschland, dem "Experimentierfeld für schlechten Lohn".

Gabriel für Südharzer Biosphärenreservat
"Halten Sie durch", sagt Klaus Garzke dem Parteichef in punkto angestrebtem Spitzensteuersatz von 49 Prozent. Gabriel reagiert lächelnd: "Dafür brauchen wir Mehrheiten." Dagmar Becker , die SPD-Kreischefin, hat sich extra Rot-Grün angezogen. "Auch wenn es dem Auge wehtut", so die Wülfingeröderin. Etwa ein Jahr hatte sie um den Gabriel-Auftritt gekämpft, "jetzt hatten wir Glück". Mehr als eine Stunde hat Gabriel in Nordhausen Zeit.

Er verzichtet auf lange Statements, nutzt sein Publikum aber als Stichwortgeber. Zum Beispiel Detlef Schacht, der den Bürgerkrieg in Syrien anspricht. Gabriel zeigt sodann die Linie der SPD nach dem Giftgaseinsatz auf: "Deutschland sollte als Zivilmacht auftreten und seine Beziehungen nutzen, um als Vermittler zwischen den USA und Russland aufzutreten." Russland müsse die schützende Hand über Syrien wegnehmen, dann bestehe Aussicht auf einen Waffenstillstand. Für Helmut Bornkessel, seit 22 Jahren SPD-Mitglied und lange Jahre Nordhäuser Stadtrat, ist das die wichtigste Aussage des Tages.

Helga Uhl treibt die zerrissene Bildungslandschaft in Deutschland um. Der Parteichef verteidigt den Bildungsföderalismus. Doch müsse aus der Verfassung gestrichen werden, dass Bund und Länder in Bildungsfragen nicht zusammenarbeiten dürfen. Und es brauche bundesweit einheitliche Bildungsstandards.

Und schließlich, nach all den elt-, europa- und bundespolitischen Themen, geht es noch einmal um den Südharz. Wie er ein Bisophärenreservat bewerte, will Elke Blanke vom Ex-Bundesumweltminister wissen. Der stärkt ihr und den anderen Verfechtern eines solchen Schutzgebiets im Südharz den Rücken: "Ein Biosphärenreservat ist keine Käseglocke. Dieses Instrument wurde gerade dafür geschaffen, um den Naturschutz mit dem normalen Leben zu verbinden, um die regionale Wirtschaft zu entwickeln."

Er beweist noch einmal Lokalkompetenz, als er vom Harzer Rotvieh spricht, steht dann für Autogramme und Fotos bereit. Und weiter geht es nach Hessen auf Wahlkampftour.

Kristin Müller / 29.08.13 / TA
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